Was bedeutet es, wenn die Uber-Fahrt mit persönlichem Fahrer billiger wird als der städtische Nahverkehr und die Gentrifizierung nicht mehr nur kleine Clubs und Projekte, sondern auch mittelständische Unternehmen aus der Stadt drängt? Kann eine Stadt überleben, indem sie Fortschritt simuliert und doch auf dem Stand der stagnierten Wirtschaft der frühen 2010er-Jahre verharrt? Liegt die Zukunft in der Wirtschaftsaussicht, der Gentrifizierungskultur und dem Sicherheitsgefühl Pre-Finanzkrise 2007, die lediglich mit neuen Technologien angereichert werden, um nicht zurückzufallen?

Die Stadt Miami wird früher oder später überflutet werden und die jährlichen Hurricanes sind nur ein Vorgeschmack dessen, was auf die Küsten der USA in den nächsten Jahren zukommen wird. Aber Miami passt sich an. Darum baut die Stadt nun hurricane- und flutsicher. Eine Kurzsichtigkeit, die exemplarisch auch für digitale und technologische Entwicklungen ist – Apps wie Uber, die den Arbeiter zur Vierzehn-Stunden-Schicht verdammen, um den Lohn für sechs Stunden heimzubringen und letztlich an ihrer Preispolitik zerfallen werden, oder der immobilienlose Hotelanbieter Airbnb, der bereits jetzt auf Widerstand von Stadtverwaltungen stößt, weil er Wohnraum vernichtet. So fühlt sich Miamis Vorbereitung auf die Klimakatastrophe an. Eine Stadt, die nach dem “Man kann es ja versuchen”-Prinzip baut und wächst. Eine Stadt in der sich alle, die es sich leisten können, wohlfühlen. Deutsche Rentner genauso wie texanische Studentengruppen. Ein Publikum, das sich jederzeit einen neuen Urlaubsort suchen kann, wenn die Zukunftsplanung nicht aufgeht. Aber spricht nicht gerade der aktuelle Anklang bei Touristen und Bewohnern auf Zeit für das, vielleicht zeitlich begrenzte, Erfolgskonzept »Miamification«?

Miami importiert Kunst nur zeitweise und gentrifiziert dadurch effizienter, als es Berlin je könnte. Es importiert Arbeitskräfte, die Touristen per Uber für wenige Dollar am Tag durch die Stadt fahren, günstiger als der Nahverkehr. Und es exportiert – nichts Greifbares, kann daher immer weiter wachsen. Mit dieser kapitalistischen Effizienz, die sich selbst überholt bis zum totalen Crash. Aus demografischer Sicht ist die Großstadt, die nur von Besuchern und Service lebt, eine kapitalistisch sinnvolle Vision. Es lässt sich jedoch eines mit Sicherheit sagen – eine miamifizierte Stadt ist keine, in der man dauerhaft leben und arbeiten möchte.

Das nahezu unbemerkte Überschreiten von jeder Menge Raum in kürzester Zeit, als Bewegung auf der Stelle, sowie das sedierte Starren der Passagiere auf die Flatscreens vor ihren Sitzen, steht geradezu paradigmatisch für eine schlaflose Gegenwart ohne vor und zurück. Wie der Passagier im Flugzeug sind wir einem Strom aus Zeichen, Bildern und Codes ausgesetzt, der uns mitreißt. Die Gegenwart lässt sich mit dem Schriftsteller »Armen Avanessian« also als ein sich drehendes Jahrmarktrad begreifen, in dem aufgrund der Geschwindigkeit alle Lichtpunkte zu einem verschmelzen und dadurch aus Bewegung Stillstand wird. Diese Struktur durchziehe die sozialen, künstlerischen und ökonomischen Felder sowie die gegenwärtige Politik. Eine Welt ohne Ordnung.

An der Börse bestimmt die Spekulation auf zukünftige Entwicklungen die heutigen Preise; präemptiver Militärschlag und Polizeiarbeit machen einen bloßen Verdachtsmoment zu einer Wirklichkeit, auf die reagiert wird, als sei sie schon real; Onlinehändler wie Amazon entwickeln aus unserer gesamten Netzaktivität ein algorithmisch-präemptives Persönlichkeitsprofil, das jetzt schon weiß, was wir morgen kaufen werden wollen. „Eine boomende und ständig im Entstehen begriffene Stadt […], die so gut vermarktbar ist, weil sie sich verlässlich an den höchsten Bieter verkauft.“ Und trotzdem: Es wird hier immer nur vorhergesagt, was dann am Ende eben doch nicht passiert – »Miamification«.
Peter Vahlefeld, Art Basel Miami Beach
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